Acht Leibnizianer*innen entdecken die Welt

„Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass

Saskia Franz, Greta Hanenberg, Mustafa Kanaan, Melinda Meisenhälter, Nico Deichmann, Anastasia Shvartsman, Bünyamin Vatan und Milena Olujic

im Auswahlverfahren der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ein Stipendium erhalten haben. Die Stipendiat*innen werden in der Zeit vom 07. April bis zum 02. Mai 2025 ein Betriebspraktikum im Ausland absolvieren.“

So steht es ganz nüchtern in dem Brief, den Herr Tenhaven im Januar 2025 erhalten hatte. „Super!“, notierte er an den Rand des Blattes – ein großer Erfolg für die EF-Schüler*innen, denn sie konnten sich im Bewerbungsverfahren gegen zahlreiche Mitbewerber*innen durchsetzen und einen der 35 begehrten Praktikumsplätze ergattern.

Knapp fünf Monate sind seitdem vergangen, und unsere acht Schüler*innen aus der Jahrgangsstufe 11 haben nicht nur Kommunikations- und Benimmkurse absolviert, sondern auch vier Wochen im Ausland verbracht und dabei Menschen, Länder und Kulturen kennengelernt. Höchste Zeit also, von ihren Erlebnissen und Erfahrungen zu berichten.

Anastasia war in Dublin, Irland, bei einer Gastfamilie mit drei Gastbrüdern untergebracht und arbeitete bei einer Kreditgenossenschaft. Dort nahm sie Geld an, gab es heraus und versuchte in erster Linie, die Menschen zu verstehen. Die Sprachbarriere war anfangs hoch, sodass Anastasia Klient*innen bitten musste, ihre Anliegen aufzuschreiben. Mit der Zeit gewöhnte sie sich jedoch an den irischen Dialekt und wurde immer selbstbewusster. In ihrer Freizeit unternahm sie viele Ausflüge zu den Cliffs of Moher, nach Wicklow und Gorey. Für Anastasia war die Selbstständigkeit vor Ort die schönste (Selbst-)Erfahrung. Sie lernte, sich zu orientieren, zu organisieren und Herausforderungen zu meistern.

Greta und Saskia arbeiteten für eine Mikro-Finanzunion auf den Philippinen und unterstützten auf diese Weise die Förderung von Frauen als „heart of the family“ sowie die Bekämpfung von Armut vor Ort. Im Rahmen des Praktikums besuchten die beiden kleine Unternehmen. Für diese Termine mussten sie oft vor Sonnenaufgang aufstehen und hatten bis zu zwei Stunden Anfahrtszeit. Untergebracht waren Saskia und Greta in einem sogenannten Trainingscenter in der Nähe von Manila, das einen viel höheren Standard als ein reguläres philippinisches Wohnhaus hatte. Auf den Philippinen sind fließendes Wasser und Elektrizität keine Selbstverständlichkeit. Die beiden Leibniz-Schülerinnen erfuhren während ihres Auslandsaufenthaltes, was absolute Armut bedeutet, und waren von der Gastfreundschaft der Menschen überwältigt. Obwohl die Inselbewohner*innen selbst nach 12 Stunden harter Arbeit kaum wissen, wie sie ihre Familien ernähren sollen, wurden die Stipendiatinnen häufig eingeladen. Auch die „Holy Week“, die heilige Osterwoche, war in dem sehr christlich geprägten Inselstaat eine besondere Erfahrung.

Milena arbeitete während der vier Wochen im „Sanur House“, einem 3-Sterne-Hotel auf Bali. Von Montag bis Freitag, jeweils von 9 Uhr morgens bis mittags, richtete sie die Zimmer her, fegte den Außenbereich, unterstützte am Empfang beim Ein- und Auschecken und kellnerte während der Frühstückszeit, obwohl sie vorher noch nie in der Gastronomie gearbeitet hatte. Ihre Freizeit nutzte sie, um möglichst viel von der Insel zu erkunden. Zwischenzeitlich half sie auch auf einer Kaffeeplantage bei der Ernte und war dort bei einer Gastfamilie untergebracht. Das indonesische Essen war für Milena anfangs sehr gewöhnungsbedürftig (Stichwort: Hühnerfuß-Suppe) und vor allem scharf. In ihrer Freizeit war sie immer unterwegs und erkundete die Insel. Die Offenheit, Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen haben sie nachhaltig beeindruckt.

Bünyamin hingegen schwärmt noch heute von dem zarten Fleisch der Babyziege, das er mit Mustafa in Albanien genießen konnte. Die beiden wohnten in einem Gasthaus direkt neben ihrer Gastfamilie und halfen in einem Hotel, das über eine ökologische Produktionsstätte verfügt und unter anderem Käse herstellt. Zusammen mit drei anderen Krupp-Stipendiat*innen unterstützten sie das Küchenpersonal im Restaurant und in der Käserei. Auch Bünyamin und Mustafa waren von der Herzlichkeit und der Lebenseinstellung der Menschen vor Ort überwältigt. Trotz widriger (Lebens-)Umstände wird in Albanien viel gelacht, gesungen und getanzt.

Melinda hatte bereits vor dem Auslandspraktikum Praktika an Grundschulen absolviert und möchte gerne im pädagogischen Bereich arbeiten. Ihr Berufswunsch wurde bei der Platzvergabe berücksichtigt, und so verbrachte sie die vier Wochen in Tampere, der zweitgrößten Stadt Finnlands und seit über 60 Jahren Partnerstadt von Essen. Dort war sie in einer Gastfamilie mit zwei jüngeren Brüdern, 8 und 12 Jahre, untergebracht und arbeitete in einer allgemeinbildenden Schule. In Finnland werden alle Schüler*innen von der ersten bis zur neunten Klasse gemeinsam unterrichtet; erst danach gliedert sich das Schulsystem in verschiedene weiterführende Schulformen auf. Obwohl an Melindas Praktikumsschule auch das Fach „Deutsch“ unterrichtet wird, konnte sie sich mit den meisten Schülerinnen lediglich auf Englisch verständigen. Trotz der Sprachbarriere machte sie sehr positive Erfahrungen und unterrichtete ältere Klassen auch selbst. Finnland wäre aufgrund des kalten Klimas niemals Melindas favorisiertes Reiseziel gewesen, doch die atemberaubende Natur rund um Tampere und die alte Architektur der Stadt haben sie nachhaltig beeindruckt.

Nico erlebte sehr abwechslungsreiche vier Wochen in Japan: In der ersten Woche besuchte er die Highschool und arbeitete im Rathaus von Kōriyama. Dort lernte er den 82-jährigen Bürgermeister der Stadt kennen, der zwei Tage später in Rente ging. Er bereitete eine Präsentation über die Unterschiede zwischen Japan und Deutschland vor, die er im Anschluss vor Highschool-Schüler*innen hielt, und nahm am Sportunterricht sowie an Club-Angeboten der Schule teil. In der zweiten Woche arbeitete er auf einer Farm mit Menschen, die eine geistige Behinderung haben. Er verpackte kleine Anime-Figuren, fütterte Milchkühe und mistete die Ställe aus. Ausflüge nach Tokio und Fukushima standen in der dritten Woche auf dem Programm. Bei schönstem Wetter besichtigte Nico Tempel und den Skytree. In der vierten Woche besuchte er auch noch eine japanische Feuerwehrwache und einen Fernsehsender.

„Das von der Krupp-Stiftung geförderte Stipendium ermöglicht den Praktikant*innen bereits in diesem Alter so viele tolle Erlebnisse. Das zeigen die Berichte unserer Schüler*innen immer wieder“, resümiert Herr Tenhaven. Er hofft, im kommenden Jahr wieder einen Brief zu erhalten, der ihm spannende Reiseberichte der Leibnizianer*innen beschert. Das wäre super!