„Wir wollen Frieden! Nie wieder Krieg!“ – Tanz- und Theaterperformance W.A.R. feiert Premiere

„Krieg. Stell dir vor, er wäre hier“, wirft Janne Teller in ihrem gleichnamigen Roman auf. Ein Perspektivwechsel, dem sich das Tanz- und Theaterprojekt W.A.R. unter Leitung des Regisseurs und Theaterpädagogen Lutz Pickardt, der Choreographin Kama Frankl und der Regieassistentin Isabell Gudd sowie unter Beteiligung von acht Leibnizschülerinnen und drei Senioren des Dionysos-Theaters Marl gestellt hat. Die Tanz- und Theaterperformance feierte am vergangenen Mittwoch, 9. Dezember 2015, vor ausverkauften Rängen Premiere in der Zeche Carl. Die Vorstellung am 10. Dezember in direkter Folge hatte mit Gästen aus Syrien, Albanien und dem Senegal die wohl kritischsten Zuschauer und holte sich dort größte Anerkennung für die authentische und respektvolle Thematisierung von Krieg in all seinen Facetten ab.

Ein „Casting“ machte im späten Frühjahr 2015 auf das Projekt im Leibniz aufmerksam, bei dem sich acht Schülerinnen bei Tanz- und Theaterübungen gegen die gleichsam talentierte und engagierte Konkurrenz durchsetzten: Leonie Brecht, Nina Fabianski, Kiki Meliadou, Alina Mölders, Vanessa Nguyen, Vanesa Paloka, Inês Rocha-Vogel und Luisa Tenhaven. Die Senioren Rolf Urban, Annelise Klass und Hartmut Preukschat vom Dionysos-Theater Marl ergänzten die Gruppe.

Dass es allgemein um Krieg gehen sollte, war den Schülerinnen bekannt. Was das für die nächsten Monate bedeuten sollte, konnte ihnen nicht bewusst sein. Thematisch näherte sich die Gruppe dem Thema mit dem autobiographischen Kriegsbericht der tschetschenischen Autorin Polina Scherebzowa, die in „Polinas Tagebuch“ ihre Erlebnisse in den Tscheschenienkriegen seit 1994 als Kind und schließlich heranwachsende junge Frau fast täglich schildert. Dabei entstanden erste Sequenzen, die den Horror und Terror von Krieg aber bizarrerweise auch Momente des Glücks und der Hoffnung veranschaulichen. Daraus ist schließlich eine Handlung entstanden, die zwar keiner strengen Chronologie eines Einzelschicksals folgt, aber die von einem thematischen roten Faden gehalten wird.

Dabei beantwortet das Stück in Blitzlichtern, was es bedeutet, wenn wir aus der Unberschwertheit unseres Alltags gerissen werden; wenn wir uns von undifferenzierten Vorurteilen und Misstrauen zerfressen lassen; wenn scheinbar Schwache ungeheure Stärke beweisen; wenn wir alles verlieren und Neues finden; und wenn wir das Leben feiern, weil der Tod durch Bombenhagel ständig an die Tür donnert, und wir einfach keine Lust mehr auf ihn haben. Diese fiktiven Szenen werden ergänzt von Zeitzeugenberichten der drei lebenserfahrenen Schauspieler, die den 2. Weltkrieg als Kinder noch erleben mussten oder durch unglaubliches Glück in seinem Ende noch zur Welt gekommen sind.

In den intensiven Probenblöcken, die während des ganz normalen Schulalltags und Klausurstresses konzentriert abgehalten wurden, vertieften sich die Akteure immer wieder auch in die aktuelle Debatte um Syrienkrieg, IS und Flüchtlingskatastrophe. Dass ihr Thema niemals nur Fiktion ist, war ihnen dabei immer bewusst. Dass ihr theatralisches Spiel aber so schnell und nah mit den Anschlägen in Paris und Beirut im November 2015 von der Realität eingeholt werden würde, machte der Gruppe klar, wie wichtig ihre Arbeit ist und wie differenziert sie dazu arbeiten müsste.

Das Projekt beansprucht für sich, Denkanstöße zu geben, wach zu machen für unsere Gegenwart. Lösungen können nicht gegeben werden. Es gibt kein Patent für diese komplexen Fragen und Probleme, obgleich dieses Bedürfnis allzu menschlich ist. Jedoch gibt es Ansätze, die auch das Stück liefert: Lassen Sie uns nachdenken über unsere Wege der Waffenindustrie, über die Strategie von Militäreinsätzen und deren Erfolgsaussicht, über die Verantwortung der Weltreligionen im gesamtgesellschaftlichen Diskurs, über unser Bedürfnis nach Frieden und unseren erbrachten persönlichen Einsatz dafür, über unsere Verantwortung gegenüber all unseren Mitmenschen.

Für die Verwirklichung des Projekts sei hier auch den Kooperationspartnern und Förderern Dank ausgesprochen: Allbau Stiftung, Stadtteilprojekt Altenessen-Süd/Nordviertel, Bundes- und Landesministerien für u. a. Bau und Stadtenwicklung, Zeche Carl, Förderverein des Leibniz-Gymnasiums.